Warum der unrechtmäßige Weiterbetrieb der Atomkraftwerke einen Super-GAU provozieren könnte

Innerhalb der Bundesregierung als auch in vielen alternativen Medien haben sich seit einigen Monaten die Stimmen gemehrt, die angesichts der Energiekrise eine Laufzeitverlängerung der drei noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke fordern. Nun hat unser Grüner Wirtschaftminister Habeck Ende September angekündigt, dass ein Weiterbetrieb der zwei Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim auch im ersten Quartal 2023 wahrscheinlich sei und vorbereitet werde.

Natürlich wäre es wünschenswert, den Strommangel ein wenig zu lindern, doch kann das nicht um den Preis geschehen, dass dafür dicht bevölkerte Gebiete in Deutschland radioaktiv verseucht werden könnten. Schon jetzt ist ein Reaktorunfall in der Größenordnung von Fukushima wenn auch nicht hoch wahrscheinlich so doch jederzeit möglich. Korrosionsprozesse in den Dampferzeugerröhren der drei Reaktoren könnten im schlimmsten Fall zu einem Platzen einer Röhre führen mit einer Kernschmelze als Folge. Aufgrund des Verzichts auf eine Überprüfung kann das aktuelle Ausmaß der Schäden nicht abgeschätzt werden. Ein Austausch der Dampferzeuger und eine Überprüfung aller Bauteile auf Korrosionsschäden könnte nur im Rahmen der alle 10 Jahre verbindlichen Periodischen Sicherheitsüberprüfungen (PSÜ) erfolgen, die wegen der zu Ende 2022 verbindlich zugesagten Abschaltung zuletzt vor 13 Jahren erfolgte. Da aber eine PSÜ mehrere Jahre in Anspruch nimmt, wäre eine Laufzeitverlängerung der AKW’s keine Lösung des Stromproblems für diesen Winter und auch auf lange Sicht nicht sinnvoll aufgrund des Kompetenzverlusts beim Personal und der Austauschrisiken bei alten Meilern. Es hat schon einen Grund, warum in Frankreich fast die Hälfte der Atomkraftwerke derzeit nicht am Netz ist. Auch die französischen Betreiber hatten jahrelang das bekannte Risiko der Spannungsrisskorrosion ignoriert, doch scheint man seitens der französischen Regierung einen Super-GAU auch in der Energiekrise nicht riskieren zu wollen.   

Sogar das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz warnt auf seiner Homepage eindringlich vor einem Weiterbetrieb der Atomkraftwerke. Bei den Fürsprechern alternativer Medien könnte man noch sagen, „Hilfe, sie wissen nicht, was sie da fordern“. Bei den Entscheidern in der Regierung aber besteht die Verpflichtung, sich mit der Materie zu beschäftigen und deutsches Recht nicht einmal wieder abzuändern, um sicherheitsrelevante Gesetze aushebeln zu können. Das wäre eine vorsätzliche Gefährdung der Gesundheit von Millionen Menschen. Aber das ist im „besten Deutschland aller Zeiten“ ja bereits in Form der Impfnötigung und der Maskenpflicht zum Standard erhoben worden. Allein zählt der politische Nutzen.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz schreibt zu den sogenannten Periodischen Sicherheitsüberprüfungen unter anderem folgendes:

https://www.bmuv.de/faq/welche-bedeutung-haben-die-sogenannten-periodischen-sicherheitsueberpruefungen#:~:text=Die%20Periodischen%20Sicherheits%C3%BCberpr%C3%BCfungen%20(PS%C3%9C)%20dienen,im%20regul%C3%A4ren%20AKW%2DBetrieb%20hinausgehen.

Die Periodischen Sicherheitsüberprüfungen (PSÜ) dienen dazu, ergänzend zu den laufenden Kontrollen insgesamt ein AKW quasi auf Herz und Nieren zu prüfen…

Die PSÜ nehmen einschließlich der Umsetzung von Nachrüstungen üblicherweise mehrere Jahre in Anspruch. Laut Atomgesetz müssen sie alle zehn Jahre durchgeführt werden. Auf die letzte PSÜ darf allerdings verzichtet werden, wenn der Betreiber des AKW verbindlich erklärt, nicht später als drei Jahre nach dem für die letzte PSÜ vorgeschriebenen Zeitpunkt den Leistungsbetrieb des AKW endgültig einzustellen…

Für die verbliebenen drei AKW Emsland, Isar 2, Neckarwestheim 2 fand das letzte Mal im Jahr 2009 eine PSÜ statt…

Bedenklich ist aus Sicht des BMUV, dass manche Befürworter einer Laufzeitverlängerung die Bedeutung dieser ganzheitlichen Sicherheitsüberprüfung herunterspielen und verzerren. Dabei ist die Rolle der PSÜ seit Jahrzehnten unmissverständlich klargestellt – im PSÜ-Leitfaden von 1997 und im internationalen Regelwerk. Übrigens sehen auch die Spitzen der AKW-Betreiberkonzerne die wichtige Rolle der PSÜ ähnlich wie das BMUV. Hinzu kommt, dass das Gesetz ein Erlöschen der Berechtigung zum Leistungsbetrieb nach der dreijährigen Verlängerung vorsieht…

Auf der Seite des BUND –Niedersachsen (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) findet man bereits im September 2021 folgendes warnenden Beitrag, dessen grundlegende Erkenntnisse schon im letzten Jahr zu einer zwingenden Abschaltung zumindest der AKWs Emsland  und Neckarwestheim hätte führen müssen.

https://www.bund-niedersachsen.de/service/presse/detail/news/gefahr-durch-risse-im-akw-emsland-bund-niedersachsen-fordert-sofortige-abschaltung-und-sicherheitspruefung/

02. September 2021

Das Atomkraftwerk Emsland in Lingen weist gefährliche Risse an Dampferzeugerheizrohren auf, die auf Korrosionsprozesse zurückzuführen sind. Dies hat die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hin eingeräumt (Drucksache 19/31989). Sie seien den Schäden am AKW Neckarwestheim 2 gleichzusetzen. Trotz dieser Schäden hat der Betreiber, die RWE Power AG, in der Revision 2021 auf eine entsprechende Prüfung der Heizrohre im AKW verzichtet. Damit setzt er Mensch und Umwelt einem beachtlichen Risiko aus. Zudem missachtet die Atomaufsicht ihre eigenen Sicherheitsvorgaben…

Im nahezu baugleichen AKW Neckarwestheim 2 konnte das Fortschreiten der Rohrschädigungen trotz umfangreicher Maßnahmen auch der Wasserchemie bis jetzt nicht gestoppt werden: Die Zahl der Rissfunde war dort in 2021 mehr als zweieinhalb Mal so hoch wie im Jahr zuvor.

„Die Vorgehensweise von Betreiber und Aufsichtsbehörde ist unverantwortlich, denn es wird die Gefahr von Störfällen im AKW Emsland in Kauf genommen“, kritisiert BUND-Atomexperte Bernd Redecker. „Wenn sich im laufenden Betrieb ein Riss ausweitet und ein Rohr platzt und abreißt, kann dies gravierende Folgen haben. Im schlimmsten Fall können große Mengen an Radioaktivität freigesetzt werden. Sogar eine Kernschmelze wäre dann möglich…

Hintergrund:
Die Dampferzeugerheizrohre bilden die Schnittstelle zwischen dem radioaktiven Primär- und dem Sekundärkreislauf eines Atomkraftwerkes. In ihnen herrschen sehr hohe Temperaturen und Druckunterschiede. Sie bestehen aus einer Metall-Legierung, die besonders beständig gegen Korrosion ist. Alterungs- und chemische Prozesse haben jedoch in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die Rohre dennoch rosten. Bei Überprüfungen der Rohre während den Revisionen in 2019 und 2020 wurden mehrere Rohre entdeckt, an denen Lochfraß und Spannungsrisskorrosion die Rohrwände erheblich geschwächt haben. Das AKW hat über 16.000 Dampferzeugerheizrohre

Eine Studie von Juli 2022 im Auftrag des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland)  von Diplom-Physikerin Oda Becker benennt klar die Risiken einer Laufzeitverlängerung der drei verbleibenden Atomkraftwerke.

S. 28

Im Rahmen der Revision 2021 wurden an zwei Dampferzeugern 20 % der Heizrohre über die gesamte Rohrlänge geprüft. Erweitert wurde dieser Prüfumfang um Dampferzeugerheizrohre, die bereits aus früheren Wirbelstromprüfungen mit volumetrischen Anzeigen bekannt sind. Dabei wurden 17 neue lineare Anzeigen und insgesamt 81 volumetrische Befunde festgestellt, wovon 6 Befunde 2021 erstmalig gemessen wurden. Laut BASE sind die vom Betreiber 2018 geführten und 2019 erneut bestätigten Nachweise zur Sicherstellung der Integrität der Dampferzeugerheizrohre auch für den Betriebszyklus 2021/2022 weiterhin gültig. (BASE 2022) Untersuchungen im AKW Neckarwestheim-2 haben im Juni 2021 zum fünften Mal in Folge Korrosionsschäden in den Dampferzeugern aufgedeckt. Die Ursachen für weitere Schäden sind offenbar bis heute nicht behoben. Aus Sicht des ehemaligen Chefs der Bundesatomaufsicht, Dieter Majer, darf das AKW Neckarwestheim 2 so nicht weiterbetrieben werden. Ein Weiterbetrieb ohne Austausch der Dampferzeuger kann nur erfolgen, wenn erreicht werden kann, dass interkristalline Spannungsrisskorrosion nicht mehr stattfinden kann. (MAJER 2021) Die erneuten Rissfunde in 2021 belegen, dass im AKW Neckarwestheim-2 weiterhin korrosive Bedingungen vorherrschen. Ganz offensichtlich handelt es sich also um einen systematischen Fehler. Lässt die Atomaufsicht den Reaktor in diesem Zustand ans Netz, nimmt sie einen schweren Störfall weiter billigend in Kauf. Die angeblichen Sicherheitsnachweise, mit denen die Behörde den Weiterbetrieb des Reaktors rechtfertigt, fußen auf falschen Grundlagen. Für diese Nachweise zwingend notwendige

S. 29

Voraussetzungen sind in Neckarwestheim nicht gegeben. Die Nachweise, so Majer, seien daher fehlerhaft und nichtig, der Reaktor sei wegen akuter Gefahr für die Bevölkerung umgehend vom Netz zu nehmen. (AUSGESTRAHLT 2021)

Anmerkung: Im Zusammenhang mit den oben genannten festgestellten Anzeigen an den Dampferzeugerheizrohren haben 2020 zwei Privatpersonen beim Verwaltungsgerichtshof BadenWürttemberg Klage eingereicht…

In Emsland wurden 2019 und erneut 2020 bei Wirbelstromprüfungen an den Heizrohren der Dampferzeuger (DE) Wanddickenschwächung mit einer linear umlaufenden Ausrichtung festgestellt. Als Ursache wird von Spannungsrisskorrosion durch Schadstoffe ausgegangen, die durch vorausgegangene Kondensatorrohrleckagen eingetragen wurden. Offenbar wurde aus der Situation in Neckarswestheim nichts gelernt…

Aufgrund von Alterungseffekten ist der Austausch von ersetzbaren Komponenten notwendig, welcher neue Fehlerquellen bietet: Es kann zum Einsatz von nicht spezifikationsgerechten Komponenten oder auch zu Montagefehlern kommen. Dadurch kann teilweise nicht mehr sichergestellt werden, dass die Sicherheitsanforderungen an die entsprechenden Komponenten noch vollständig erfüllt werden.

S. 30

Viele der Ereignisse können im Zusammenhang mit einem Kompetenzverlust (z.B. Bedienungsfehler) in Verbindung stehen oder/und mit einer mangelhaften Sicherheitskultur. Beides steht in Zusammenhang mit der vereinbarten Restlaufzeit. Die Situation wurde durch die Pandemiebedingungen weiter ungünstig beeinflusst.  Vielfach wurden Inspektionen und atomaufsichtliche Kontrollen online durchgeführt. Eine Bewertung der Sicherheitskultur ist durch Ferninspektion nicht im gleichen Umfang möglich wie bei Präsenz vor Ort.

S. 34

Ein schwerer Unfall mit massiven radioaktiven Freisetzungen ist in allen drei noch in Betrieb befindlichen deutschen Atomkraftwerken möglich. Dies wird von niemandem bestritten, jedoch wird meist auf die geringe Wahrscheinlichkeit hingewiesen. Die Wahrscheinlichkeit für einen derartigen Unfall ist jedoch prinzipiell nicht ermittelbar… Aufgrund der Bevölkerungsdichte in Deutschland ist der zu erwartende Schaden für die Bevölkerung und somit auch das Risiko eines Atomunfalls besonders hoch.

S. 37

Bei einem weiteren Betrieb der Reaktoren müssen weitere Faktoren betrachtet werden, u.a.: Das Atomgesetz muss geändert werden, neue Brennelemente müssen beschafft werden. Außerdem fehlt (kompetentes) Fachpersonal bei den Betreibern aber auch bei Gutachter-Organisationen und Aufsichtsbehörden. Die zusätzlichen Mengen schwach- und mittelradioaktive Abfälle könnten nicht im geplanten Endlager Konrad untergebracht werden. Sollte der Atomausstieg erneut verschoben werden, hätte dies erhebliche Folgen für die Akzeptanz des Standortauswahlverfahrens für das Endlager für hochradioaktive Abfälle.

Und was tun unsere politisch linientreu besetzten Gerichte, um eine Gefahr von der Bevölkerung abzuwenden?

https://www.sueddeutsche.de/panorama/urteile-neckarwestheim-eilantrag-zu-stilllegung-von-atommeiler-abgelehnt-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-220502-99-124720

2. Mai 2022

Mannheim (dpa/lsw) – Das Atomkraftwerk Neckarwestheim II im Landkreis Heilbronn bleibt weiter am Netz. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg lehnte einen Eilantrag von Atomkraftgegnern ab, die den Betrieb wegen angeblicher Gefahren durch Risse an Rohren untersagen lassen wollten. Die Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung zur sofortigen Stilllegung des Meilers seien nicht erfüllt, teilte der VGH mit Sitz in Mannheim am Montag mit. Die Antragsteller, darunter die Anti-Atom-Initiative „ausgestrahlt“, hatten bereits Ende 2020 vor dem VGH Klage gegen den Weiterbetrieb eingereicht, nachdem das Umweltministerium ihren Antrag auf Stilllegung abgelehnt hatte. Über diese Klage ist noch nicht entschieden… Der Erfolg im Hauptsacheverfahren sei „nicht überwiegend wahrscheinlich“, so das Gericht. Außerdem könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass den Antragstellern existenzielle Gefahren für Leib und Leben drohten…

Erwartungsgemäß schmettern unsere Gerichte solche Klagen gegen eine vorsätzliche Gefährdung von Menschenleben durch die Vorgaben inkompetenter und wirtschaftlichen Interessen verpflichteter Politiker gnadenlos ab. Die in technischen und naturwissenschaftlichen Fragen offenbar völlig überforderten Juristen sehen keine „existenziellen Gefahren für Leib und Leben“.

Nun – die „Verstrahlung“ muss ja auch nicht zwangsläufig tödlich enden, genauso wie die gentherapeutische Corona-Impfung bei den Zwangsgeimpften im Gesundheits- und Pflegebereich. Viele erleiden einfach „nur“ leichtere bis sehr schwere Gesundheitsschäden, die sowohl ihre Lebensqualität als auch ihre Lebenserwartung massiv verringern. Aber was interessiert das noch eine Justiz, die sich in großen Teilen von der individuellen Gültigkeit der Grund- und Menschenrechte verabschiedet zu haben scheint.   

Französisches Atomkraftwerk in Flamanville, im Hintergrund die vorübergehend abgeschalteten Reaktorblöcke 1 und 2. Bei Reaktor 1 werden unter anderem die vier Dampferzeuger ausgewechselt. Überprüfungen und Reparaturen bei den Reaktoren könnten bis Ende des Jahres dauern.

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